Notfallmedizin – Neu gedacht
Unternehmen
ADAC Telenotarzt gGmbH
Geschäftsführung: Frédéric Bruder, Andreas Estermeier
Oberer Eselsberg 40
89081 Ulm
+49 89 2170 485 – 0
Postanschrift:
Hansastraße 19
80686 München
Inmitten des Einsatzgeschehens zählt jede Sekunde – und digitale Innovation kann hier den entscheidenden Unterschied machen. Michael Gilbert, erfahrener Notfallsanitäter, spricht im Interview über seine persönlichen Erfahrungen mit dem System Telenotarzt (TNA). Wie verändert es die Zusammenarbeit im Rettungsdienst? Welche Vorteile bringt es für Patienten und Fachpersonal? Und wie fühlt es sich an, einen Arzt im Ohr zu haben? Ein ehrlicher Einblick in die neue Realität der präklinischen Notfallversorgung – und ein Appell für mehr Vertrauen in Technik und Teamwork.
Sie haben Interesse an unserer Rettung Digital Content Serie mit vielen wertvollen Informationen rund um das System Telenotarzt?
Der Einsatz eines TNA-Systems kann die Notärztliche Expertise schneller an die Einsatzstelle bringen, da es, gerade im ländlichen Raum ein dichtes Netz an Rettungswagenstandorten gibt. Gerade das TNA-System von Umlaut bietet beiden Seiten, sowohl dem Telenotarzt als auch mir als Anwender im Rettungswagen dabei ein höchstmögliches Maß an Flexibilität ohne dabei Kompromisse eingehen zu müssen. Das Rettungsfachpersonal kann hierbei selbst entscheiden, wann sie den Telenotarzt konsultiert, ob in der frühen Phase des Einsatzes bei einem kritischen Patienten, oder auch zu einem späteren Zeitpunkt des Einsatzes. Hierbei kann beispielsweise auf mitgeführte Headsets oder das Smartphone mit der TNA-Applikation zurückgegriffen werden.
Mit der Einführung des TNA-Systems ist auf beiden Seiten der Nutzenden das Vertrauen enorm gewachsen. Für die Notärztlichen Kolleginnen und Kollegen ist es sicherlich eine der größten Hürden den Patienten nicht mit den eigenen Händen zu behandeln, sondern das Rettungsfachpersonal als „verlängerte Arme und Hände“ im Rahmen der telenotärztlichen Konsultation zu nutzen. Für die Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ist das in sie gesetzte Vertrauen in Kombination mit der verbundenen rechtlichen Sicherheit sicherlich eine der positivsten Veränderungen. Für die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind die größten Vorteile aus meiner Sicht Kompetenzgewinn und -erhalt.
Durch die Implementierung telemedizinischer Systeme kann zum einen, ergänzt durch Strukturierte Standard-Arbeitsanweisungen der Kompetenzerhalt des Rettungsfachpersonal intraprofessionell verbessert und gefördert werden, zum anderen kommen wir aus meiner Sicht so dem Ziel näher das richtige Rettungsmittel zum richtigen Patienten zu bringen.
Gerade bei sehr kritischen Patienten kann die frühzeitige Konsultation des Telenotarztes das therapiefreie Intervall deutlich verkürzen bis zum Eintreffen des physischen Notarztes an der Einsatzstelle. Oftmals habe ich den Telenotarzt auch konsultiert, um mich in Entscheidungen abzusichern, aber auch um Fixierungsfehler zu vermeiden. Der Telenotarzt kann als „neutraler“ Berater nochmal andere Impulse setzen. Mit dem Telenotarzt konnte ich mich in Notfallsituationen voll und ganz auf die Versorgung des Patienten konzentrieren, während ich „im Ohr“ einen weiteren, wertvollen Teampartner hatte, der dezidiert die erhobenen Befunde auswerten konnte.
Vor Nutzung des TNA-Systems war ich skeptisch. In meinem mentalen Modell ist der Telenotarzt bereits beim Erreichen der Einsatzstelle dabei.
In der Anwendung selbst profitiert das System jedoch davon, dass das Rettungsfachpersonal den Notfallpatienten bereits Leitliniengerecht und gemäß den regionalen Standard-Arbeitsanweisungen versorgt hat, sämtliche Vitalparameter erhoben hat und erst dann mit einer Verdachtsdiagnose den Telenotarzt konsultiert, sodass die Kosultationsdauer möglichst kurz ist, sämtliche Informationen kondensiert übergeben werden ist und der Telenotarzt zügig wieder weitere Notfälle übernehmen kann.
Michael Gilbert ist Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst und seit 2013 in der präklinischen Notfallversorgung aktiv. Im Rahmen seiner Tätigkeit beim Rettungsdienst Aachen sammelte er ein Jahr Erfahrung mit dem TNA System. Seit 2020 ist Gilbert bei der ADAC Luftrettung tätig – unter anderem als TC HEMS. Heute verantwortet er die Koordination der Zusammenarbeit zwischen Leitstellen und Rettungshubschraubern für die ADAC Luftrettung im Westen Deutschlands.
Interview mit Dr. Sebastian Rossbach zum Start des ADAC Telenotarztes im Bergischen Land
Notfallmedizin ist ein Bereich, der sich ständig weiterentwickelt. Mobile Rettung, Luftrettung und stationäre Versorgung gehören schon lange dazu – jetzt erweitert die Digitalisierung die Möglichkeiten. Mit dem ADAC Telenotarzt besteht ein innovatives Konzept, das nun auch in der Trägerregion Bergisches Land für neue Impulse sorgen soll. Wir haben mit Dr. Sebastian Rossbach, Chefarzt der Anästhesie am Evangelischen Krankenhaus Mettmann, über seine Einschätzung dieser Entwicklung gesprochen.
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Dr. Rossbach, die Notfallmedizin findet mobil, zur Luft, stationär und nun auch digital statt.
Wie lässt sich der Telenotarzt aus Ihrer Sicht in diese verschiedenen Facetten am besten integrieren?
Die Tätigkeit des Telenotarztes ist für mich ein wichtiges Bindeglied zwischen der Leitstelle und dem Einsatzgeschehen vor Ort. Durch den direkten Zugriff auf die Datenlage und die Möglichkeit, über Audio- und Videokommunikation ein genaues Lagebild zu erhalten, kann der TNA – also der Telenotarzt – eine entscheidende Rolle spielen. Seine Unterstützung ermöglicht es, Einsätze effizienter und zielgerichteter zu gestalten. Die Erfahrung des TNA hilft dabei, sowohl den Kräften vor Ort als auch den Disponenten der Leitstelle fundierte Handlungsempfehlungen zu geben. Besonders bei komplexen Einsätzen oder Mehrfacheinsätzen, wenn Ressourcen optimal genutzt werden müssen, zeigt sich das Potenzial dieses Modells.
Welche Fähigkeiten sollte ein Telenotarzt aus Ihrer Sicht mitbringen?
Ein Telenotarzt muss in der Lage sein, aus der Ferne die Schwere und Dringlichkeit einer Situation korrekt einzuschätzen. Das ist anspruchsvoll, denn ohne physische Präsenz verlässt man sich auf die Beschreibungen der Einsatzkräfte und technische Daten. Entscheidungsfreude, strukturiertes Denken und Erfahrung in der Notfallmedizin sind hier unerlässlich. Darüber hinaus spielt die Kommunikation eine Schlüsselrolle: Der TNA muss in der Lage sein, klar und verständlich mit den Kollegen vor Ort zu sprechen, Vertrauen aufzubauen und gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen. Ein funktionierendes Netzwerk, also ein eingespieltes Team aus Notfallsanitätern, Leitstellenpersonal und dem TNA, ist essenziell für den Erfolg dieses Modells.
Der Telenotarzt kann den Einsatzkräften vor Ort und den Disponenten gleichermaßen fundierte Empfehlungen geben – das macht ihn zu einem echten Gamechanger in der Rettungskette
Mettmann liegt innerhalb der Trägerregion Bergisches Land, in welcher nun bald der Telenotarzt starten wird.
Wie blicken Sie als Notfallmediziner auf diesen neuen Player, speziell in Ihrer Region?
Ich sehe dem Start des Telenotarztes mit großer Vorfreude entgegen. Als Notarzt auf dem NEF und als Arzt in der Notaufnahme erlebe ich täglich, wie komplex Einsätze sein können. Wenn der TNA uns Aufgaben wie Bettensuche oder die Anmeldung von Intensivpatienten abnehmen kann, bedeutet das eine spürbare Entlastung – gerade bei hohem Einsatzaufkommen. Noch wichtiger finde ich die Unterstützung, die er den Notfallsanitätern bieten kann. In Situationen, in denen schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen, etwa bei der Frage, ob ein Patient transportiert werden muss, gibt der TNA zusätzliche Sicherheit. Ich bin gespannt, wie sich die Einsätze dadurch verändern und erwarte, dass wir in vielen Fällen schneller und zielgerichteter handeln können.
Über Dr. Sebastian Rossbach:
Dr. Sebastian Rossbach, 46, geboren in Schwelm, studierte Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Nach Stationen am Helios-Klinikum Wuppertal und dem Hospital zum Heiligen Geist Kempen ist er heute Chefarzt der Anästhesie am Evangelischen Krankenhaus Mettmann.
In Notfällen zählt jede Sekunde – doch gerade in ländlichen Regionen kann es dauern, bis ein Notarzt vor Ort ist. Hier setzt das Telenotarzt-System an: Per Video und Funk unterstützt ein erfahrener Notfallmediziner das Rettungsteam aus der Ferne. Doch kann diese digitale Lösung die Notfallversorgung wirklich effizienter machen? Und wie lässt sie sich sinnvoll in das bestehende Gesundheitssystem integrieren? Im Interview sprechen wir über Chancen, Herausforderungen und die Zukunft dieser innovativen Ergänzung im Rettungsdienst.
In der Raumfahrt sind Arzt und Patient oft durch tausende Kilometer getrennt – doch das System funktioniert reibungslos. Warum? Weil ein eingespieltes Team, klare Kommunikation und präzise Rollenverteilung über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Wir haben Nicola Winter – Jet-Pilotin, Astronautin und Pilotin der ADAC Luftrettung – zum Rettung Digital Interview getroffen und wünschen gute Inspiration.
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In der Raumfahrt sind wir es gewohnt, dass Arzt und Patient – in diesem Fall die Astronautin – durch enorme Distanzen voneinander getrennt sind. Die Lösung ist stets ein kompetentes Team, das in Echtzeit berät und unterstützt. Entscheidende Erkenntnis dabei: Team-Mix und Rollenverteilung sind Gold wert. Ein Teil des Teams agiert direkt vor Ort, nimmt die Anweisungen entgegen und führt sie aus. Der andere Teil arbeitet in einer ruhigen, stressfreien Umgebung – in unserem Fall ein Team von Fachleuten am Boden, das mit einem klaren Kopf die Lage analysiert, Optionen abwägt und Anweisungen erteilt.
Warum das so wichtig ist? Vor Ort sind die Menschen meist belastet durch äußere Einflüsse wie Zeitdruck, Wetter, Lärm oder Chaos (auf einer Raumstation durch Schwerelosigkeit, Enge und Isolation). Im Hintergrund aber haben die Fachleute am Boden den Raum und die Ruhe, um kreativer und strukturierter zu denken. Das schafft Sicherheit und Effizienz – beides essenziell für den Erfolg eines Telenotarzt-Systems.
Das Zusammenspiel zwischen Piloten und Crew zeigt deutlich, wie wichtig klare Rollenverteilungen und Verantwortlichkeiten sind. Jeder muss seine Aufgaben genau kennen, sonst geht wertvolle Zeit verloren oder Fehler passieren. Der Telenotarzt ist dabei nicht der „Retter vor Ort“, sondern die strategische Unterstützung, die den Überblick behält und gezielte Entscheidungen trifft.
Es ist wie im Cockpit: Ein Pilot braucht die Sicherheit, dass er sich auf die Systeme und die Crew verlassen kann. So kann auch das Fachpersonal vor Ort effektiver handeln, wenn der Telenotarzt klare Anweisungen gibt und die Entscheidungskompetenz durch Vertrauen gestärkt wird. Das Team funktioniert am besten, wenn jeder seine Rolle perfekt erfüllt – egal, ob vor Ort oder in der Ferne.
In der Luft- und Raumfahrt hat sich ein bestimmter Kommunikationsstil durchgesetzt: klar, präzise und ergebnisorientiert. Ein Satz zu viel kostet Zeit, ein Satz zu wenig kann gefährlich sein. Daher gilt:
Ein Beispiel aus dem Flugfunk: „Kurs 270 halten, Steigrate 1.500 Fuß.“ – Das ist kein Roman, aber jeder weiß, was zu tun ist. Für das Telenotarztsystem heißt das: so sprechen, dass nichts verloren geht. Prioritäten nennen, Informationen strukturieren und sich selbst auf das Wesentliche fokussieren – vor allem in stressigen Situationen.
Physische Distanz ist kein Hindernis, wenn eine gemeinsame Kultur geschaffen wird – das sehen wir in der Raumfahrt täglich. Auch wenn der Astronaut in der Schwerelosigkeit schwebt und das Bodenteam tausende Kilometer entfernt ist, funktioniert die Zusammenarbeit durch klare Strukturen und psychologische Sicherheit.
Wichtige Faktoren für eine kooperative Teamkultur:
Vertrauen schaffen: Das beginnt mit regelmäßigen Briefings, Nachbesprechungen und offenen Feedback-Runden. Auch Erfolge müssen gemeinsam gefeiert werden – so stärkt man die emotionale Verbindung.
Rollen und Verantwortung klar definieren: Wer macht was? Jeder im Team muss wissen, welchen Teil er zum „großen Ganzen“ beiträgt.
Psychologische Sicherheit fördern: Jeder muss sich trauen, Bedenken oder Fragen zu äußern – egal, ob im Hubschrauber, in der Notfallversorgung oder im Kontrollzentrum. Nur so lassen sich Fehler frühzeitig vermeiden.
Verbindung durch Technik nutzen: Video-Calls, regelmäßige Updates, Debriefings und kurze Check-ins helfen, dass der Kontakt menschlich bleibt. Es ist nicht nur wichtig, Daten zu übermitteln, sondern auch menschliche Bindung zu schaffen.
Letztlich kann es immer funktionieren, ein Gefühl von „Wir sind ein Team“ zu etablieren – egal, wie viele Kilometer dazwischen liegen- zum Wohle der Patienten!
Nicola war Deutschlands zweite Kampfflugzeugpilotin, flog Tornado und Eurofighter und gehörte zu den wenigen Frauen in der deutschen Luftwaffe. Neben ihrer Tätigkeit in der Raumfahrtforschung und ihrer Promotion in Raumfahrtwissenschaften ist sie seit 2024 als ADAC-Pilotin in der Luftrettung im Einsatz.
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