Rettung Digital RETTmobil Edition „Wir wollen Innovationen voranbringen“
Telenotarzt Christoph Süss-Havemann im Rettung Digital Interview
Im Rahmen der RETTmobil Messe 2025 in Fulda war das Team des ADAC Telenotarztes mit der Content-Serie Rettung Digital unterwegs, um mit den unterschiedlichsten Akteuren rund um Innovation im Rettungswesen ins Gespräch zu kommen. In diesem Beitrag sprechen wir mit Christoph Süss Havemann, Telenotarzt in Gelnhausen, über die Zukunft der Notfallmedizin, die Rolle des Telenotarztes und warum Teamarbeit auf Augenhöhe so wichtig ist.
Mercedes Starke: Hallo Christoph! Schön, dass du dir heute die Zeit nimmst. Wir sind ja nicht allein hier auf der RETTmobil unterwegs, sondern haben mit dir einen echten Experten an unserer Seite – du bist Telenotarzt in Gelnhausen.
Christoph Süss Havemann: Hallo Mercedes, schön hier zu sein – vor allem bei diesem tollen Wetter!
Mercedes: Du bist heute zum ersten Mal auf der RETTmobil?
Christoph: Ja, tatsächlich. Ich hatte viel über die Messe gehört, aber noch nie die Gelegenheit, selbst vorbeizuschauen. Jetzt habe ich sie endlich genutzt – und ich muss sagen: Es hat sich absolut gelohnt! Ich habe schon viele spannende Gespräche geführt. Ein wirklich positives Erlebnis.
Was bringt die Zukunft?
Mercedes: Wir sind hier mit unserer Kampagne „Rettung Digital Jetzt“, um Stimmen und Perspektiven zur Weiterentwicklung in der Notfallmedizin einzufangen. Wo siehst du uns in den kommenden Jahren?
Christoph: Eine spannende Frage – ehrlich gesagt eine, die wir erst rückblickend in zwei Jahren wirklich beantworten können. Was ich aber sagen kann: Der Telenotarzt ist eine noch junge, aber enorm innovative Disziplin. Wir beim ADAC Telenotarzt verstehen uns als Innovationstreiber. Was wir heute tun, ist sicher nicht das, was wir in zwei Jahren leisten werden. Da ist noch viel Potenzial.

Was macht eigentlich ein Telenotarzt?
Mercedes: Viele fragen sich: Was genau macht ein Telenotarzt eigentlich?
Christoph: Im Kern bedeutet es, dass wir stationär arbeiten – also nicht selbst zum Einsatzort fahren, sondern aus der Leitstelle heraus telefonisch und digital in den Einsatz eingebunden sind. Wir sind in Sekunden erreichbar und können strukturiert mit den Kolleginnen und Kollegen vor Ort Fragestellungen klären – von kurzen Einschätzungen bis hin zur Überbrückung kritischer Situationen, bis ein Notarzt eintrifft.
In der Regel bearbeiten wir Einsätze, die nicht maximal kritisch sind. Damit entlasten wir die Präsenznotärzte, damit diese dort sein können, wo sie wirklich dringend gebraucht werden.
Mercedes: Ihr seid aber nicht nur bei Primäreinsätzen eingebunden, richtig?
Christoph: Genau. Wir begleiten zunehmend auch Sekundäreinsätze. An anderen Standorten, die schon länger mit dem System arbeiten, ist das längst etabliert. Der Telenotarzt wird dort als zentraler Ansprechpartner genutzt – etwa um Transporte zu bewerten, auf- oder abzugraden und so Ressourcen gezielt einzusetzen.
Mercedes: Was wäre dein größter Wunsch für die Zukunft des Telenotarztsystems?
Christoph: Stabilität. Keine Verbindungsabbrüche, keine Stromausfälle – ein System, das zuverlässig läuft. Das bedeutet unabhängige Stromversorgung, zuverlässige Software und ein technischer Service, der im Hintergrund alles am Laufen hält. Außerdem ist es mir wichtig, die Akzeptanz weiter zu steigern – durch Transparenz, Aufklärung und direkten Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen im Einsatzdienst.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Mercedes: Du hast es schon angedeutet: Es ist wichtig, Vertrauen aufzubauen – besonders, da ihr digital vernetzt arbeitet. Persönlicher Kontakt spielt da eine große Rolle.
Christoph: Absolut. Notfallmedizin funktioniert nur im Team – auf Augenhöhe. Es braucht keine Hierarchien, sondern gegenseitiges Vertrauen. Gerade auch mit jungen Kolleginnen und Kollegen, die neu im Notarztdienst sind. Für sie können wir eine Art „digitaler Oberarzt im Hintergrund“ sein – mit vollem Einblick in den Fall.

Netzwerk Telenotarzt: Bundesweite Zusammenarbeit
Mercedes: Ein zentraler Begriff in unserer Arbeit ist das „Netzwerk“. Magst du das kurz erklären?
Christoph: Im Grunde bedeutet es, dass wir deutschlandweit vernetzt sind. Unsere Software und unsere Partner reichen von Nord bis Süd. So können wir uns gegenseitig unterstützen – auch über große Entfernungen hinweg. Wenn ich gerade ausgelastet bin, übernimmt ein Kollege aus einem anderen Standort. Das funktioniert reibungslos, weil Sprachqualität und Datenübertragung überall gleich gut sind. Das erhöht die Patientensicherheit enorm.
Mercedes: Und es ermöglicht auch mal Pausen, weil immer jemand anderes übernehmen kann.
Christoph: Genau – das ist gelebter Teamgeist. Ob über Chat oder einen kurzen Anruf: Wir unterstützen uns gegenseitig, oft ganz selbstverständlich. Diese Routine ist ein echter Vorteil des ADAC-Systems – verbunden mit guter Organisation und klaren Strukturen.
Mercedes: Und ihr besprecht auch Einsätze nach?
Christoph: Ja, wir haben ein Feedbacksystem in beide Richtungen. Wir geben Rückmeldung an die Kolleginnen und Kollegen im Rettungsdienst oder in Kliniken – und erhalten im Gegenzug auch Feedback, um uns stetig zu verbessern. Denn Stillstand ist keine Option, wenn wir Innovation vorantreiben wollen.
Gemeinsam weiterentwickeln
Mercedes: Ich glaube, wir können festhalten: Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist für uns beide das Fundament. Jetzt stürzen wir uns wieder ins Getümmel der RETTmobil, um noch mehr Stimmen einzufangen und unser System weiterzuentwickeln.
Christoph: Absolut – auf geht’s!

Dr. Christoph Süss-Havemann ist Facharzt für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin sowie erfahrener Notarzt, leitender Notarzt und seit 2023 Telenotarzt für die ADAC Telenotarzt gGmbH. Er ist ärztlicher Leiter des Qualifikationsseminars „Telenotarzt“ an der ADAC HEMS Academy.
Notfallmedizin ist für ihn Leidenschaft und Auftrag zugleich – geprägt von Innovationsfreude, kontinuierlicher Weiterbildung und digitaler Wissensvermittlung (FOAMed). Als engagierter Teamplayer setzt er sich für eine enge, interprofessionelle Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst sowie für die Stärkung des Berufsbilds Notfallmediziner ein.