Dr. Sebastian Rossbach im Rettung Digital Interview

Zwischen Leitstelle und Straße: Warum der Telenotarzt
das fehlende Bindeglied in der Notfallmedizin ist
Interview mit Dr. Sebastian Rossbach zum Start des ADAC Telenotarztes im Bergischen Land
Notfallmedizin ist ein Bereich, der sich ständig weiterentwickelt. Mobile Rettung, Luftrettung und stationäre Versorgung gehören schon lange dazu – jetzt erweitert die Digitalisierung die Möglichkeiten. Mit dem ADAC Telenotarzt besteht ein innovatives Konzept, das nun auch in der Trägerregion Bergisches Land für neue Impulse sorgen soll. Wir haben mit Dr. Sebastian Rossbach, Chefarzt der Anästhesie am Evangelischen Krankenhaus Mettmann, über seine Einschätzung dieser Entwicklung gesprochen.
Sie haben Interesse an unserer Rettung Digital Content Serie mit vielen wertvollen Informationen rund um das System Telenotarzt?
Dr. Rossbach, die Notfallmedizin findet mobil, zur Luft, stationär und nun auch digital statt.
Wie lässt sich der Telenotarzt aus Ihrer Sicht in diese verschiedenen Facetten am besten integrieren?
Die Tätigkeit des Telenotarztes ist für mich ein wichtiges Bindeglied zwischen der Leitstelle und dem Einsatzgeschehen vor Ort. Durch den direkten Zugriff auf die Datenlage und die Möglichkeit, über Audio- und Videokommunikation ein genaues Lagebild zu erhalten, kann der TNA – also der Telenotarzt – eine entscheidende Rolle spielen. Seine Unterstützung ermöglicht es, Einsätze effizienter und zielgerichteter zu gestalten. Die Erfahrung des TNA hilft dabei, sowohl den Kräften vor Ort als auch den Disponenten der Leitstelle fundierte Handlungsempfehlungen zu geben. Besonders bei komplexen Einsätzen oder Mehrfacheinsätzen, wenn Ressourcen optimal genutzt werden müssen, zeigt sich das Potenzial dieses Modells.
Welche Fähigkeiten sollte ein Telenotarzt aus Ihrer Sicht mitbringen?
Ein Telenotarzt muss in der Lage sein, aus der Ferne die Schwere und Dringlichkeit einer Situation korrekt einzuschätzen. Das ist anspruchsvoll, denn ohne physische Präsenz verlässt man sich auf die Beschreibungen der Einsatzkräfte und technische Daten. Entscheidungsfreude, strukturiertes Denken und Erfahrung in der Notfallmedizin sind hier unerlässlich. Darüber hinaus spielt die Kommunikation eine Schlüsselrolle: Der TNA muss in der Lage sein, klar und verständlich mit den Kollegen vor Ort zu sprechen, Vertrauen aufzubauen und gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen. Ein funktionierendes Netzwerk, also ein eingespieltes Team aus Notfallsanitätern, Leitstellenpersonal und dem TNA, ist essenziell für den Erfolg dieses Modells.
Der Telenotarzt kann den Einsatzkräften vor Ort und den Disponenten gleichermaßen fundierte Empfehlungen geben – das macht ihn zu einem echten Gamechanger in der Rettungskette
Mettmann liegt innerhalb der Trägerregion Bergisches Land, in welcher nun bald der Telenotarzt starten wird.
Wie blicken Sie als Notfallmediziner auf diesen neuen Player, speziell in Ihrer Region?
Ich sehe dem Start des Telenotarztes mit großer Vorfreude entgegen. Als Notarzt auf dem NEF und als Arzt in der Notaufnahme erlebe ich täglich, wie komplex Einsätze sein können. Wenn der TNA uns Aufgaben wie Bettensuche oder die Anmeldung von Intensivpatienten abnehmen kann, bedeutet das eine spürbare Entlastung – gerade bei hohem Einsatzaufkommen. Noch wichtiger finde ich die Unterstützung, die er den Notfallsanitätern bieten kann. In Situationen, in denen schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen, etwa bei der Frage, ob ein Patient transportiert werden muss, gibt der TNA zusätzliche Sicherheit. Ich bin gespannt, wie sich die Einsätze dadurch verändern und erwarte, dass wir in vielen Fällen schneller und zielgerichteter handeln können.

Über Dr. Sebastian Rossbach:
Dr. Sebastian Rossbach, 46, geboren in Schwelm, studierte Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Nach Stationen am Helios-Klinikum Wuppertal und dem Hospital zum Heiligen Geist Kempen ist er heute Chefarzt der Anästhesie am Evangelischen Krankenhaus Mettmann.