Kommentierung zur S2 Leitlinie „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“
Neue S2-Leitlinie stärkt Rolle des Telenotarztes in der prähospitalen Notfallmedizin
Im vergangenen Monat wurde die S2 Leitlinie „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“ (2. Fassung) veröffentlicht. Im Bereich der Notfallmedizin maßgebliche ärztliche Fachgesellschaften haben gemeinsam mit notfallmedizinisch engagierten Berufsverbänden Empfehlungen herausgegeben. Wir können nun auf 21 evidenzbasierte Empfehlungen und 9 Good Clinical Practice Points (GPP) zurückgreifen um das Thema TELENOTARZT als Teil des Rettungsdienstes vorwärtszubringen.
Vom Expertengremium wurden Untersuchungen aus der Vergangenheit gesichtet und bewertet, hier wurde gezeigt, dass die Qualität der Versorgung hinsichtlich Korrektheit der Diagnosen und Dokumentationsqualität steigt und das Telenotarzt-System, z. B. durch geringere Bindungs- und planbareren Einsatzzeiten, zur Unterstützung und Entlastung des bisherigen Rettungssystems beiträgt.
„Die Delegation von Medikamentengaben ist durch telenotfallmedizinische Unterstützung sicher durchführbar und kann genutzt werden“.
Neben den technischen Voraussetzungen für die Etablierung eines TNA-Systems werden auch verschiedene Indikationsfelder definiert, bei denen gezeigt werden konnte, dass der TNA eine sichere Alternative zum Notarzt vor Ort sein kann.
- Wenn bei festgestelltem Bedarf einer Notarzt-Unterstützung durch das Rettungs-Team vor Ort ein Notarzt nicht zeitgerecht zur Verfügung steht, sollte zusätzlich auf ein verfügbares TNA-System zurückgegriffen werden.
- Die telenotfallmedizinische Konsultation kann zur Entscheidungsfindung einer zielgerichteteren Weiterversorgung und strukturierten Voranmeldung von Patienten bei ausgewählten Indikationsfeldern eingesetzt werden
- Die telenotfallmedizinische Konsultation zur Entscheidungsfindung einer möglichen Patientenbeförderung stellt eine typische Fragestellung dar und sollte bei bestehendem Unterstützungsbedarf des Rettungsdienstes erfolgen.
- TNA-Systeme können in der Dispositionsentscheidung von Sekundäreinsätzen unterstützen. In differenzierten Situationen können telenotärztlich begleitete Sekundäreinsätze durchgeführt und dadurch die Ressource Notarzt geschont werden.
- Bei Bedarf des Rettungsfachpersonals und/oder der Notärzte vor Ort, sollte ein TNA zur Verbesserung von (Patienten-) Sicherheit und Leitlinienadhärenz konsultiert werden.

Unter den Experten bestand auch starker Konsens: „Die Delegation von Medikamentengaben ist durch telenotfallmedizinische Unterstützung sicher durchführbar und kann genutzt werden“.
Als konkrete Einsatzszenarien werden genannt: Gabe von Betäubungsmitteln, Interpretation von EKG-Veränderungen, incl. Unterstützung bei der prähospitalen Versorgung und Verkürzung der Zeit bis zur kardiologischen Vorstellung in der Klinik.
Der Telenotarzt soll eine Qualifikation besitzen, die über die Anforderungen an den Notarzt vor Ort hinaus gehen (Curriculum der BÄK). Zusätzlich hierzu können auf digitalem Weg noch weitere Fachrichtungen (zB Neurologe, Kardiologe, Pädiater) eingebunden werden. Dies ermöglicht es vor Ort bedarfsgerecht Fachexpertise zur Verfügung zu stellen, um die Patientenversorgung zielgerichtet optimieren zu können.
Als überregional tätiger Betreiber von Telenotarztstandorten sehen wir uns auf unserem Weg Rettung digital zu gestalten bestätigt und freuen uns, die weiteren Herausforderungen gemeinsam mit allen beteiligten Berufsgruppen gemeinsam angehen zu dürfen.
Hier finden Sie die neue S2 Leitlinie „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“

Detlev Gissat
Standortleiter ADAC Telenotarzt, Gelnhausen