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Rettung Digital RETTmobil Edition „Von E-Learning bis VR“

Jan Stock im Interview zur Gegenwart und Zukunft des Lernens im Rettungsdienst

Wie gelingt es, Rettungsdienstteams und Telenotärzte optimal auf die digitale Zusammenarbeit vorzubereiten? Und welche Rolle spielen moderne Lernmethoden dabei? Auf der RETTmobil 2025 haben wir mit Jan Stock von L2R (Learn 2 Rescue) gesprochen. Das Unternehmen entwickelt digitale Lern- und Trainingskonzepte speziell für die Notfallmedizin – von webbasierten Schulungen bis hin zu Zukunftsthemen wie Virtual Reality und KI-Simulationen.
Im Gespräch mit Mercedes Starke vom ADAC Telenotarzt erklärt Jan Stock, warum Kommunikation der entscheidende Faktor für die Patientensicherheit ist, wie Schulungen heute ablaufen und wohin sich das Lernen im Rettungsdienst in den nächsten Jahren entwickeln wird.

Mercedes Starke: Hallo Jan, schön, dass du dir hier auf der RETTmobil Zeit für uns nimmst. Wir sprechen in unserer Content-Reihe Rettung Digital viel über innovative Lösungen für den Rettungsdienst. Ein entscheidender Punkt dabei ist aber auch die Ausbildung all derjenigen, die in der Notfallmedizin zusammenarbeiten. Genau deshalb freue ich mich, dass du heute hier bist.

Jan Stock: Vielen Dank für die Einladung zum Interview.

Mercedes: Erzähl uns doch bitte kurz, wer du bist und mit welchem Thema du hier auf der RETTmobil bist.

Jan: Klar. Mein Name ist Jan Stock und ich bin Geschäftsführer der L2R GmbH. Unser Schwerpunkt liegt auf dem Lernen im Rettungsdienst und in der Notfallmedizin. Wir beschäftigen uns intensiv mit dem digitalen Anteil des Lernens – also E-Learning und webbasierten Schulungskonzepten.

Mercedes: Wir sprechen heute über den Telenotarzt. Für dieses neue Berufsbild und Rettungsmittel müssen auch Ausbildungsmaterialien entwickelt werden. Welche Chancen und Herausforderungen siehst du dabei?

Jan: Das ist tatsächlich eine sehr spannende Frage. Wir arbeiten in diesem Bereich auch in Kooperation mit euch und mit den Kolleginnen und Kollegen von umlaut. Was ganz zentral ist: Es braucht ein gemeinsames Rollenverständnis zwischen allen beteiligten Berufsgruppen.
Dazu gehören natürlich die Teams im Rettungsdienst – also Rettungsdienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Aber auch die Telenotärzte selbst. Außerdem die Notärzte, die in Einzelfällen zusätzlich zum Einsatz kommen können. Und nicht zu vergessen: das Personal in den Notaufnahmen. Auch sie müssen informiert sein, denn sie begegnen potenziell Patientinnen und Patienten, die anders vorbehandelt wurden.
Die Potenziale liegen darin, jede dieser Gruppen in ihren Rollen zu stärken. Für die Rettungsdienstteams bedeutet das, sie mit dem nötigen Wissen und den richtigen Fertigkeiten auszustatten, damit sie gemeinsam mit dem Telenotarzt die bestmögliche Therapie einleiten können. Gleichzeitig müssen wir berücksichtigen, dass der Telenotarzt nicht vor Ort ist. Er hört nicht alles, er sieht nicht alles – er muss sich auf die Sinne und die Wahrnehmung des Teams verlassen. Das stellt besondere Anforderungen an die Zusammenarbeit.

Mercedes: Kommunikation scheint dabei ein zentrales Stichwort zu sein.

Jan: Absolut. Kommunikation nimmt in den Schulungs- und Trainingskonzepten einen sehr großen Raum ein. Informationen sind entscheidend für die Behandlung von Notfallpatienten – insbesondere, wenn man über das Kompetenzniveau eines allein agierenden Rettungsdienstteams hinausgeht.
Wenn zum Beispiel spezielle Medikamente verabreicht werden, die ein bestimmtes Risikoprofil haben, dann ist die präzise Informationsübermittlung unerlässlich. Nur so können Patientensicherheit und Behandlungsqualität gewährleistet werden.

Mercedes: Wie laufen Schulungen bei euch typischerweise ab?

Jan: Wir beginnen immer mit den Lernzielen. Die Inhalte werden in ein didaktisches Konzept gebracht, das sich an den Zielgruppen orientiert. Für Rettungsdienstteams bedeutet das zum Beispiel ein E-Learning, das eine Einführung in die Telemedizin bietet.
Darin geht es einerseits um die technische Einführung und um rechtliche Grundlagen, die relevant sind. Andererseits – und das ist fast noch wichtiger – geht es um die Kommunikation. Wir trainieren, wie Informationen zielgerichtet und sicher von der Einsatzstelle zum Telenotarzt übermittelt werden können. Gleichzeitig lernen die Telenotärzte, die Kommunikation adäquat aufzunehmen, zu dokumentieren und auf dieser Basis gemeinsam mit dem Team die richtigen Entscheidungen für die Patientinnen und Patienten zu treffen.

Mercedes: Blicken wir ein Stück in die Zukunft: Welche innovativen Trainingslösungen zeichnen sich ab?

Jan: Was man schon jetzt sieht, ist, dass Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) immer mehr Einzug halten. Der nächste Technologiesprung bei den Brillen ist zwar noch abzuwarten, aber grundsätzlich ist die Technologie da. Wir setzen uns sehr intensiv damit auseinander, was das für die Didaktik in der Notfallmedizin bedeutet.
Darüber hinaus glaube ich, dass es zukünftig KI-basierte Fallsimulationen geben wird. Man kann sich das so vorstellen: Ein Patient wird im Training gemeinsam behandelt und reagiert dynamisch auf die verschiedenen Handlungen oder Entscheidungen des Teilnehmenden – abhängig von dessen Wissens- und Trainingsstand.

Mercedes: Das klingt nach spannenden Perspektiven. Habt ihr denn auch schon konkrete digitale Produkte im Einsatz?

Jan: Ja, aktuell setzen wir auf Web-Based Training. Unsere Lerninhalte stehen in einem Lernmanagement-System zur Verfügung. Dort können die jeweiligen Themen oder Systeme abgebildet werden. In Kooperationsprojekten wird das dann gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort ausgerollt, absolviert und mit einem Test abgeschlossen.
Im Moment ist das also stärker webbasiert als app-basiert.

Mercedes: Vielen Dank, Jan, für die Einblicke und das Gespräch!

Jan: Danke euch, es hat mich gefreut.

Rettung Digital Interview RETTmobil Edition „Leichter, smarter, einfacher.“

Martin Grebing im Rettung Digital Interview zur Zukunft der Medizintechnik im Rettungsdienst.

Vom AED für die Öffentlichkeit bis zum professionellen Defibrillator im Rettungsdienst: Schiller ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Notfallmedizin. Im Gespräch mit Mercedes Starke vom ADAC Telenotarzt gibt Martin Grebing, Business Unit Lifecare Deutschland bei Schiller, Einblicke in die Innovationskraft des Unternehmens – von Konnektivität im Rettungsdienst über Schnittstellen zur elektronischen Patientenakte bis hin zu Zukunftsvisionen wie kabellosen EKG-Elektroden und smarter KI-Unterstützung. Ein Gespräch über Digitalisierung, Standortstärke in Europa und die gemeinsame Mission, Leben zu retten.

Mercedes Starke (ADAC Telenotarzt):
Hallo Martin, schön, dass wir hier bei Schiller auf der RETTmobil zu Gast sein dürfen. Erzähl uns bitte, was du bei Schiller machst und wofür das Unternehmen steht.

Martin Grebing (Schiller):
Sehr gern. Ich bin bei Schiller für die Business Unit Lifecare im Deutschlandvertrieb verantwortlich. Mein Bereich umfasst alles rund um die Notfallrettung – also Luft-, Wasser- und Bergrettung. Wir sind Hersteller von Defibrillatoren und bieten eine breite Produktpalette: vom AED für die Öffentlichkeit bis zu professionellen Geräten für den Rettungsdienst – natürlich mit der nötigen Konnektivität.

Mercedes:
Du bist also schon lange in der Rettung unterwegs?

Martin:
Ja, seit 1996. Ich habe viele Stationen durchlaufen und bin nun seit sechs Jahren bei Schiller.

Mercedes:
Im Rahmen unserer Reihe „Rettung Digital“ geht es um Innovationen und Weiterentwicklungen in der Notfallmedizin. Ihr seid beim Thema Konnektivität sehr stark aufgestellt. Was macht diesen Bereich so wichtig?

Martin:
Telemedizin ist inzwischen in aller Munde. Unsere Geräte im professionellen Bereich müssen heute viele telemedizinische Anforderungen erfüllen. Im Rettungsdienst ist es absolut notwendig, Systeme zu vernetzen. Dabei verstehen wir uns als Partner und Vermittler: Wir entwickeln nicht selbst ein Telenotarztsystem, sondern bieten Schnittstellen, die sich in bestehende Systeme integrieren lassen.

Mercedes:
Das heißt, die Hauptaufgaben liegen mittlerweile in der Schnittstellenarbeit?

Martin:
Genau. In Sachen Defibrillation oder EKG gibt es Standards. Die Unterschiede entstehen bei der Konnektivität: Manche Systeme arbeiten mit Kameras, die ein EKG abfotografieren, andere sammeln strukturierte Daten, die dann an Telenotarzt oder Klinik übermittelt werden. Hier in Deutschland sind die Ansprüche hoch – wir transportieren umfassende Datensätze, die leistungsfähige Geräte und schnelle Prozessoren erfordern.

Mercedes:
Wie fließen diese Daten in Krankenhaus- und QM-Systeme ein – vielleicht auch mit Blick auf die elektronische Patientenakte?

Martin:
Das ist längst Realität. Wir haben zentrale Plattformen wie die SEMA, auf der Patientendaten aus EKG, Defibrillation und Pulmologie zusammenlaufen. Über Schnittstellen sind diese mit allen gängigen KIS-Systemen verbunden. So begleiten die Daten den Patienten vom Notfalleinsatz bis in die Klinik. Das Thema Telenotarzt ergänzt dieses Bild – und stärkt die lückenlose Dokumentation.

Mercedes:
Also wart ihr in Sachen Digitalisierung sogar früher dran als viele andere im Rettungsdienst?

Martin:
Bestimmt im Klinikbereich. Dort arbeiten wir seit Jahrzehnten mit digitaler Datenerfassung. Relativ neu ist die Telemedizin im Rettungsdienst, die sich aber in den letzten Jahren stark etabliert hat.

Mercedes:
Wenn wir nach vorne blicken: Welche Innovationen erwarten uns in der Medizintechnik?

Martin:
Der Trend geht zu leichteren, smarteren und einfacheren Geräten. Ein Beispiel: kabellose EKG-Elektroden, die per Bluetooth oder App funktionieren. Auch KI wird eine große Rolle spielen – etwa bei der Unterstützung der Diagnostik. Wichtig bleibt: Geräte müssen intuitiv bedienbar sein und Abläufe vereinfachen, besonders in Stresssituationen.

Mercedes:
Ihr produziert in Europa?

Martin:
Ja. Wir entwickeln und fertigen in der Schweiz und in Frankreich. In einem Markt mit starken Playern wollen wir uns als europäischer Hersteller behaupten und die Zukunft aktiv mitgestalten.

Mercedes:
Vielen Dank für den spannenden Einblick. Ich freue mich, dass wir mit euch einen Partner haben, der seit Jahrzehnten Digitalisierung vorantreibt und zugleich die Zukunft im Blick hat.

Martin:
Sehr gern. Am Ende eint uns alle das gleiche Ziel: Leben retten.

Rettung Digital RETTmobil Edition „Die Zukunft ist vernetzt“

Jan Wilkening von ZOLL im Rettung Digital Interview

Wie gelingt die digitale Transformation im Rettungsdienst – ganz konkret, nah am Einsatzgeschehen? Im Rahmen der RETTmobil 2025 spricht Mercedes Starke vom ADAC Telenotarzt mit Jan Wilkening von ZOLL über die Integration von Live-Daten in Telenotarztsysteme, smarte Geräteunterstützung bei Reanimationen und die Zukunft vernetzter Notfallmedizin. Ein Gespräch über Technologie, Verantwortung und partnerschaftliche Zusammenarbeit – für mehr Sicherheit und Effizienz im Einsatz.

Mercedes Starke (ADAC Telenotarzt):
Hallo Jan, schön, dass du dir hier auf der RETTmobil Zeit nimmst. Wir kennen uns ja bereits – über unseren Standort im Bergischen Land arbeiten wir mit ZOLL zusammen. Magst du kurz erzählen, wie genau?

Jan Wilkening (ZOLL):
Gerne. In der Region Leverkusen nutzen zwei Berufsfeuerwehren unsere Geräte der X-Serie. Diese sind in das Telenotarztsystem integriert, das über einen zentralen Anbieter läuft – und ihr stellt dafür die Telenotärzte.

Mercedes:
Richtig, und bald feiern wir sogar gemeinsam Go-live! Kannst du erklären, wie die Schnittstelle zwischen euren Geräten und dem Telenotarztsystem funktioniert?

Jan:
Unsere X-Serie-Geräte streamen die Vitaldaten live auf einen zentralen Server. Dort werden sie in das TNA-System von Umlaut (Accenture) eingebunden und für den Telenotarzt bereitgestellt. Der Notfallsanitäter vor Ort aktiviert einfach den Livestream – alles Weitere läuft automatisch im Hintergrund.

Mercedes:
Das heißt, Telenotarzt und Notfallsanitäter sehen exakt dasselbe?

Jan:
Genau. Der Telenotarzt sieht die gleichen Werte wie der Sanitäter vor Ort – vom EKG über Trends bis hin zu historischen Daten seit Beginn der Behandlung. So können beide gemeinsam fundierte Entscheidungen treffen – zum Beispiel auch zur Transportvermeidung oder zur Begleitung bei Intensivtransporten.

Mercedes:
Ein echter Sicherheitsgewinn für Patienten. Was passiert mit den Daten abseits des Telenotarzt-Einsatzes?

Jan:
Unsere Geräte zeichnen alle relevanten Daten während eines Einsatzes auf. Diese können in die elektronische Einsatzdokumentation überführt werden – mit weniger Schreibaufwand und mehr Genauigkeit. Besonders wertvoll wird es bei Reanimationen: Die Geräte liefern Feedback zur Qualität von Thoraxkompressionen und Beatmung. Später können die Daten für Hot Debriefings oder Trendanalysen genutzt werden, um die Qualität im Rettungsdienst zu verbessern.

Mercedes:
Und was ist mit Datenschutz und Datensicherheit?

Jan:
Die Datenübertragung vom Gerät zum Server ist vollständig verschlüsselt – auf dem Niveau von Online-Banking. Der Server ist ebenso geschützt, und nur autorisierte Personen haben Zugriff. Langfristig wird alles in die Cloud wandern. Das Thema wird in Deutschland zwar noch kritisch betrachtet, ist aber sicherer als schlecht gewartete lokale Server.

Mercedes:
Wie lange werden die Daten gespeichert?

Jan:
Das entscheidet jeder Kunde selbst – je nach internen Vorgaben und Bedürfnissen.

Mercedes:
Können die gesammelten Daten auch in die elektronische Patientenakte (ePA) integriert werden?

Jan:
Direkt aus unseren Geräten – nein. Wir sind Gerätehersteller, keine ePA-Player. Aber unsere Partner – zum Beispiel Anbieter von Einsatzdokumentationen – können diese Daten weiterverarbeiten und in die ePA überführen.

Mercedes:
Die Daten sind auch für unser Qualitätsmanagement Gold wert. Aber lasst uns noch über neue Hardware sprechen: Was gibt’s Neues?

Jan:
Unser Highlight ist der AutoPulse NXT – die Weiterentwicklung des bekannten AutoPulse. Das neue Modell ist kompakter, leichter, hat ein verbessertes Batteriemanagement und kann größere Patient:innen aufnehmen. Interessanterweise haben wir das Gerät so vereinfacht, dass es kein Display mehr braucht. Einschalten, Start drücken – fertig.

Mercedes:
Klingt nach echter Benutzerfreundlichkeit. Und wie geht ihr mit der zunehmenden Zahl an Systemen und Schnittstellen um?

Jan:
Das ist der Weg in die Zukunft. Wir entwickeln gezielt Schnittstellen – wie beim Telenotarzt-System – und setzen auf starke Partnerschaften. Wichtig ist, dass alle Systeme miteinander kommunizieren können. Wir sind offen für Kooperationen und verfolgen einen partnerschaftlichen Ansatz – nicht exklusiv mit einem Anbieter, sondern mit möglichst vielen.

Mercedes:
Da sprechen wir eine Sprache – auch wir sind technikneutral und arbeiten mit allen zusammen. Nur so kann man in der Notfallmedizin wirklich etwas bewegen.

Jan:
Ganz genau.

Mercedes:
Vielen Dank für das spannende Gespräch, die Einblicke – und auf eine gute Zusammenarbeit!

Jan:
Ich freue mich drauf. Vielen Dank!

Über Jan Wilkening

Als Key Account Manager Integrated Solutions bei ZOLL Medical treibt Jan Wilkening seit über zehn Jahren digitale Lösungen in der Notfallmedizin voran. Mit seinem Hintergrund in IT und Rettungsdienst schlägt er die Brücke zwischen MedTech, Partnern und Produktentwicklung – immer nah an den Anforderungen der Kunden.

Kommentierung zur S2 Leitlinie „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“

Neue S2-Leitlinie stärkt Rolle des Telenotarztes in der prähospitalen Notfallmedizin

Im vergangenen Monat wurde die S2 Leitlinie „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“ (2. Fassung) veröffentlicht. Im Bereich der Notfallmedizin maßgebliche ärztliche Fachgesellschaften haben gemeinsam mit notfallmedizinisch engagierten Berufsverbänden Empfehlungen herausgegeben. Wir können nun auf 21 evidenzbasierte Empfehlungen und 9 Good Clinical Practice Points (GPP) zurückgreifen um das Thema TELENOTARZT als Teil des Rettungsdienstes vorwärtszubringen.

Vom Expertengremium wurden Untersuchungen aus der Vergangenheit gesichtet und bewertet, hier wurde gezeigt, dass die Qualität der Versorgung hinsichtlich Korrektheit der Diagnosen und Dokumentationsqualität steigt und das Telenotarzt-System, z. B. durch geringere Bindungs- und planbareren Einsatzzeiten, zur Unterstützung und Entlastung des bisherigen Rettungssystems beiträgt.

„Die Delegation von Medikamentengaben ist durch telenotfallmedizinische Unterstützung sicher durchführbar und kann genutzt werden“.

Neben den technischen Voraussetzungen für die Etablierung eines TNA-Systems werden auch verschiedene Indikationsfelder definiert, bei denen gezeigt werden konnte, dass der TNA eine sichere Alternative zum Notarzt vor Ort sein kann.

  • Wenn bei festgestelltem Bedarf einer Notarzt-Unterstützung durch das Rettungs-Team vor Ort ein Notarzt nicht zeitgerecht zur Verfügung steht, sollte zusätzlich auf ein verfügbares TNA-System zurückgegriffen werden.
  • Die telenotfallmedizinische Konsultation kann zur Entscheidungsfindung einer zielgerichteteren Weiterversorgung und strukturierten Voranmeldung von Patienten bei ausgewählten Indikationsfeldern eingesetzt werden
  • Die telenotfallmedizinische Konsultation zur Entscheidungsfindung einer möglichen Patientenbeförderung stellt eine typische Fragestellung dar und sollte bei bestehendem Unterstützungsbedarf des Rettungsdienstes erfolgen.
  • TNA-Systeme können in der Dispositionsentscheidung von Sekundäreinsätzen unterstützen. In differenzierten Situationen können telenotärztlich begleitete Sekundäreinsätze durchgeführt und dadurch die Ressource Notarzt geschont werden.
  • Bei Bedarf des Rettungsfachpersonals und/oder der Notärzte vor Ort, sollte ein TNA zur Verbesserung von (Patienten-) Sicherheit und Leitlinienadhärenz konsultiert werden.

Unter den Experten bestand auch starker Konsens: „Die Delegation von Medikamentengaben ist durch telenotfallmedizinische Unterstützung sicher durchführbar und kann genutzt werden“.

Als konkrete Einsatzszenarien werden genannt: Gabe von Betäubungsmitteln, Interpretation von EKG-Veränderungen, incl. Unterstützung bei der prähospitalen Versorgung und Verkürzung der Zeit bis zur kardiologischen Vorstellung in der Klinik.

Der Telenotarzt soll eine Qualifikation besitzen, die über die Anforderungen an den Notarzt vor Ort hinaus gehen (Curriculum der BÄK).  Zusätzlich hierzu können auf digitalem Weg noch weitere Fachrichtungen (zB Neurologe, Kardiologe, Pädiater) eingebunden werden. Dies ermöglicht es vor Ort bedarfsgerecht Fachexpertise zur Verfügung zu stellen, um die Patientenversorgung zielgerichtet optimieren zu können.

Als überregional tätiger Betreiber von Telenotarztstandorten sehen wir uns auf unserem Weg Rettung digital zu gestalten bestätigt und freuen uns, die weiteren Herausforderungen gemeinsam mit allen beteiligten Berufsgruppen gemeinsam angehen zu dürfen.

Hier finden Sie die neue S2 Leitlinie „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“

Detlev Gissat

Standortleiter ADAC Telenotarzt, Gelnhausen

Rettung Digital RETTmobil Edition: „Keep it stupid simple“

Christoph Graumann von corpuls im Rettung Digital Interview

Telemedizin ist längst mehr als ein Trend – sie ist eine zentrale Antwort auf die Herausforderungen im Rettungsdienst von heute und morgen. Auf der RETTmobil 2025 sprachen wir mit Christoph Graumann von corpuls über konkrete Innovationen, technische Redundanz, politische Hürden und die Vision eines vernetzten Notfall-Ökosystems. Warum einfache Lösungen oft die besten sind und welche Rolle der Mensch trotz aller Digitalisierung spielt – das erfahren Sie im Interview.

Mercedes Starke (ADAC Telenotarzt):
Christoph, schön dich hier am Stand von corpuls auf der RETTmobil 2025 zu treffen. Wie ist dein erster Eindruck von der Messe?

Christoph Graumann (corpuls):
Wie jedes Jahr: Es macht unglaublich viel Spaß. Wir haben hier eine tolle Mischung aus Anwendern, die täglich mit unseren Systemen arbeiten, bis hin zu nationalen und internationalen Entscheidern – aus allen Bundesländern.

Mercedes:
Unsere Content-Serie „Rettung Digital“ beschäftigt sich mit Innovationen im Rettungsdienst. Telemedizin ist da ein zentrales Thema – und bei euch ja schon lange Teil der DNA, oder?

Christoph:
Absolut. Viele kennen uns als Defibrillator-Hersteller, aber schon 1984 haben wir das erste EKG übertragen. Seit 15 Jahren arbeiten wir web-basiert, und seit 2021 sind wir auch im Bereich Telenotarzt aktiv.

Mercedes:
Welche Einsatzbereiche siehst du für den Telenotarzt – jetzt und zukünftig?

Christoph:
Der Telenotarzt ist bislang auf Rettungsdienste beschränkt, hauptsächlich in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Aber wir wollen Telemedizin umfassender denken – über alle Stationen des Gesundheitswesens hinweg: vom Erstkontakt über Pflege, Klinik, bis in die Nachversorgung.

Mercedes:
Ein großes Thema ist dabei auch die Digitalisierung – etwa im Kontext der Notfallreform oder der elektronischen Patientenakte (ePA). Was ist eure Sicht?

Christoph:
Digitalisierung bietet riesige Chancen, aber sie muss richtig verstanden werden – als Prozessvereinfachung, nicht bloß als digitale Abbildung. Leider verhindert politisches Missverständnis von Datenschutz viele sinnvolle Anwendungen. Zum Beispiel könnten wir die ePA im Rettungsdienst längst nutzen – es gibt Schnittstellen –, aber gesetzlich ist der mobile Einsatz bislang nur Apotheken erlaubt. Die Notfallversorgung wird da schlicht nicht berücksichtigt.

Mercedes:
Ein Aspekt, der immer wieder diskutiert wird, ist die Verbindungsqualität – gerade auf Veranstaltungen wie dieser. Wie robust ist die Technik?

Christoph:
Natürlich gibt es Orte ohne Netz, aber das ist selten. Unsere Systeme sind seit 2021 im Einsatz – mit Ausfallquoten unter 2 %. Wenn man alle Mobilfunknetze kombiniert, sind weiße Flecken marginal. Und wenn es wirklich kein Netz gibt, machen wir einfach das, was wir die letzten 50 Jahre gemacht haben: ein NEF alarmieren.

Mercedes:
Was ist euer Konzept für Redundanz?

Christoph:
Technisch setzen wir auf eigene, hochverfügbare Cloud-Lösungen. Selbst bei einem regionalen Ausfall können wir nahtlos auf andere Rechenzentren umschalten. Personell ist Zusammenarbeit zwischen Telenotarztzentralen entscheidend – etwa um Pausen, Ausfälle oder steigende Einsatzfrequenzen abzufangen.

Mercedes:
Gibt es Innovationen, die ihr hier auf der Messe zeigt?

Christoph:
Unsere Softwarelösung corpuls.mission ist ein Konferenzsystem, das verschiedenste Akteure und Datenquellen an einem Notfallort zusammenführt – vom Hausarzt über die Klinik bis zur Giftnotrufzentrale. So bringen wir gebündelte Expertise und relevante Daten direkt zum Patienten – auch über Geräte hinweg, die nicht von corpuls stammen.

Mercedes:
Wohin geht die Zukunft der Telemedizin – können wir alles digitalisieren?

Christoph:
Es geht nicht um „alles digitalisieren“, sondern um sinnvolle Unterstützung. Der Mensch bleibt zentral. Systeme müssen einfach und intuitiv sein – kein komplexes IT-Tool. Unser Credo: „Keep it stupid simple“. Ziel ist es, dass der Anwender schnell, effizient und patientenzentriert handeln kann.

Mercedes:
Herzlichen Dank für den spannenden Einblick – ich schau jetzt noch im Biergarten vorbei!

Christoph:
Sehr gut – da gibt’s Weißbier und Weißwurst. Viel Spaß!


Über Christoph Graumann

Christoph Graumann ist seit 2016 bei corpuls und leitet den Bereich Anwendungssoftware mit 45 Mitarbeitenden. Als Notfallsanitäter und studierter Medizininformatiker (u. a. TU München, Johns Hopkins University) verbindet er Praxis und Technik. Er war an Forschungsprojekten zur Medizinrobotik und digitalen Diagnostik beteiligt und engagiert sich ehrenamtlich bei den Johannitern. Privat ist er zweifacher Vater und Gründer eines E-Learning-Startups für den Rettungsdienst.

Rettung Digital RETTmobil Edition: Kleidung im Wandel des digital befähigten Rettungsdiensts

Christian Schrodi – Prokurist & Bereichsleiter Bekleidung bei H+DG – im Rettung Digital Interview

Im Rahmen der Content-Serie „Rettung Digital“ spricht Mercedes Starke vom ADAC Telenotarzt auf der RETTmobil 2025 mit Christian Schrodi von H+DG. Im Fokus: die Anforderungen an moderne Einsatzkleidung – und wie sich diese durch neue digitale Strukturen wie den Telenotarzt verändern könnten.

Mercedes Starke:
Christian, heute ist es richtig heiß hier auf der Messe – was bedeutet das eigentlich für Einsatzkleidung im Alltag von Rettungskräften?

Christian Schrodi:
Bei diesen Temperaturen zeigt sich, wie wichtig atmungsaktive Kleidung ist. Unsere Einsatzkleidung ist darauf ausgelegt, auch bei großer Hitze möglichst komfortabel zu bleiben. Wir setzen auf Materialien, die Luft zirkulieren lassen, Feuchtigkeit nach außen transportieren und trotzdem robust genug sind, um den Anforderungen im Einsatz standzuhalten. Gerade wenn man in Stresssituationen unterwegs ist, darf Kleidung nicht zusätzlich belasten – diesen Gedanken unterstützen wir mit unseren Designs.

Mercedes:
Die Anforderungen im Rettungsdienst verändern sich – auch durch digitale Innovationen wie den Telenotarzt. Macht sich das auch in eurer Produktentwicklung bemerkbar?

Christian:
Tatsächlich ist das für uns als Hersteller ein spannender Punkt. Wir bekommen natürlich mit, dass sich Strukturen verändern, aber in der Tiefe sind uns digitale Systeme wie der Telenotarzt noch relativ neu. Umso spannender ist es, von eurer Arbeit zu hören. Für uns heißt das konkret: Wir müssen Kleidung so gestalten, dass sie flexibel an neue Arbeitsweisen angepasst werden kann. Modularität, multifunktionale Taschen und Halterungen spielen dabei eine große Rolle – gerade wenn zusätzliche Geräte oder Schnittstellen genutzt werden, wie es in der Kommunikation mit dem Telenotarzt der Fall ist.

Mercedes:
Ganz genau. Beim Telenotarzt kommen unsere Ärztinnen und Ärzte zentral, digital zugeschaltet in den Einsatz. Oft mit Videoverbindung – entweder über installierte Kameras im Rettungswagen oder das Smartphone des Notfallsanitäters. Das spart Zeit und entlastet das System, gerade bei Notarztmangel.

Christian:
Das ist ein beeindruckender Ansatz – und aus Sicht der Ausstattung bedeutet das natürlich neue Anforderungen. Wenn Smartphones im Einsatz als Kommunikationsmittel genutzt werden, braucht es sichere und zugängliche Befestigungen. Wir achten deshalb schon heute darauf, dass unsere Kleidung z. B. mit Halterungen oder Vorrichtungen kompatibel ist, die solche Technik integrieren können. Auch wenn wir selbst keine digitalen Systeme entwickeln, müssen wir sie mitdenken – und da hilft uns ein Austausch wie mit euch enorm.

Mercedes:
Ein digital hinzugeschalteter Telenotarzt ist für eure Einsatzkleidung dagegen nicht die ideale Zielgruppe, oder?

Christian:
Natürlich merken wir, dass sich das Einsatzprofil verändert. Es gibt vielleicht weniger bodengebundene Notärzte im EInsatz, dafür neue Rollen und Funktionen, die andere Anforderungen an die Kleidung stellen. Für uns heißt das: Weniger Massenproduktion, mehr Spezialisierung. Es geht nicht mehr nur darum, viele Uniformen auszuliefern – sondern die richtigen, für neue Einsatzrealitäten. Und da ist der Austausch mit Praktikern wie euch essenziell, um vorausschauend zu entwickeln.

Abgesehen davon haben wir allerdings auch tolle Poloshirts, die ihr euch unbedingt anschauen solltet für eure Telenotärtzte. (lacht)

Mercedes:
Danke dir sehr Christian für den Austausch und deine Gedanken.

Christian:
Ich danke dir!

Zwischen Leitstelle und Lebensrettung: Der Telenotarzt im Praxischeck

Notfallsanitäter Michael Gilbert im Rettung Digital Interview

Inmitten des Einsatzgeschehens zählt jede Sekunde – und digitale Innovation kann hier den entscheidenden Unterschied machen. Michael Gilbert, erfahrener Notfallsanitäter, spricht im Interview über seine persönlichen Erfahrungen mit dem System Telenotarzt (TNA). Wie verändert es die Zusammenarbeit im Rettungsdienst? Welche Vorteile bringt es für Patienten und Fachpersonal? Und wie fühlt es sich an, einen Arzt im Ohr zu haben? Ein ehrlicher Einblick in die neue Realität der präklinischen Notfallversorgung – und ein Appell für mehr Vertrauen in Technik und Teamwork.

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Welche Vorteile bietet das TNA-System deiner Meinung nach für die Patientenversorgung im Vergleich zu traditionellen Methoden?

Der Einsatz eines TNA-Systems kann die Notärztliche Expertise schneller an die Einsatzstelle bringen, da es, gerade im ländlichen Raum ein dichtes Netz an Rettungswagenstandorten gibt. Gerade das TNA-System von Umlaut bietet beiden Seiten, sowohl dem Telenotarzt als auch mir als Anwender im Rettungswagen dabei ein höchstmögliches Maß an Flexibilität ohne dabei Kompromisse eingehen zu müssen. Das Rettungsfachpersonal kann hierbei selbst entscheiden, wann sie den Telenotarzt konsultiert, ob in der frühen Phase des Einsatzes bei einem kritischen Patienten, oder auch zu einem späteren Zeitpunkt des Einsatzes. Hierbei kann beispielsweise auf mitgeführte Headsets oder das Smartphone mit der TNA-Applikation zurückgegriffen werden.

Wie hat sich die Zusammenarbeit im Rettungsdienst durch die Etablierung des TNA-Systems verändert?

Mit der Einführung des TNA-Systems ist auf beiden Seiten der Nutzenden das Vertrauen enorm gewachsen. Für die Notärztlichen Kolleginnen und Kollegen ist es sicherlich eine der größten Hürden den Patienten nicht mit den eigenen Händen zu behandeln, sondern das Rettungsfachpersonal als „verlängerte Arme und Hände“ im Rahmen der telenotärztlichen Konsultation zu nutzen. Für die Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ist das in sie gesetzte Vertrauen in Kombination mit der verbundenen rechtlichen Sicherheit sicherlich eine der positivsten Veränderungen. Für die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sind die größten Vorteile aus meiner Sicht Kompetenzgewinn und -erhalt.

Wie hat sich deine Sichtweise auf telemedizinische Systeme im Rettungsdienst nach deiner aktiven Zeit verändert?

Durch die Implementierung telemedizinischer Systeme kann zum einen, ergänzt durch Strukturierte Standard-Arbeitsanweisungen der Kompetenzerhalt des Rettungsfachpersonal intraprofessionell verbessert und gefördert werden, zum anderen kommen wir aus meiner Sicht so dem Ziel näher das richtige Rettungsmittel zum richtigen Patienten zu bringen.

Wie hat das TNA-System die Entscheidungsfindung in Notfallsituationen beeinflusst?

Gerade bei sehr kritischen Patienten kann die frühzeitige Konsultation des Telenotarztes das therapiefreie Intervall deutlich verkürzen bis zum Eintreffen des physischen Notarztes an der Einsatzstelle. Oftmals habe ich den Telenotarzt auch konsultiert, um mich in Entscheidungen abzusichern, aber auch um Fixierungsfehler zu vermeiden. Der Telenotarzt kann als „neutraler“ Berater nochmal andere Impulse setzen. Mit dem Telenotarzt konnte ich mich in Notfallsituationen voll und ganz auf die Versorgung des Patienten konzentrieren, während ich „im Ohr“ einen weiteren, wertvollen Teampartner hatte, der dezidiert die erhobenen Befunde auswerten konnte.

Welche Rückmeldungen hast du von Kollegen zur Nutzung des TNA-Systems erhalten?

Vor Nutzung des TNA-Systems war ich skeptisch. In meinem mentalen Modell ist der Telenotarzt bereits beim Erreichen der Einsatzstelle dabei.

In der Anwendung selbst profitiert das System jedoch davon, dass das Rettungsfachpersonal den Notfallpatienten bereits Leitliniengerecht und gemäß den regionalen Standard-Arbeitsanweisungen versorgt hat, sämtliche Vitalparameter erhoben hat und erst dann mit einer Verdachtsdiagnose den Telenotarzt konsultiert, sodass die Kosultationsdauer möglichst kurz ist, sämtliche Informationen kondensiert übergeben werden ist und der Telenotarzt zügig wieder weitere Notfälle übernehmen kann.

Über Michael Gilbert

Michael Gilbert ist Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst und seit 2013 in der präklinischen Notfallversorgung aktiv. Im Rahmen seiner Tätigkeit beim Rettungsdienst Aachen sammelte er ein Jahr Erfahrung mit dem TNA System. Seit 2020 ist Gilbert bei der ADAC Luftrettung tätig – unter anderem als TC HEMS. Heute verantwortet er die Koordination der Zusammenarbeit zwischen Leitstellen und Rettungshubschraubern für die ADAC Luftrettung  im Westen Deutschlands.

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